Going Viral
Organisierung in Zeiten von Corona
Wir befinden uns mitten in einer neuen Welle von Covid-19-Infektionen und mit ihr zeichnen sich erneute massive Einschränkungen von Bewegungs- und Versammlungsfreiheit ab. Die Folgen der Kontaktsperren für linksradikale Politik und Strukturen haben wir im Frühjahr am eigenen Leib erleben dürfen. Damit sich das nicht wiederholt, möchten wir zu einem
reflektierten, kritischen und daraus folgernd auch widerständigen Umgang mit den verordneten Maßnahmen in Bezug auf politische Aktivitäten aufrufen! (…)
DIVERGE! – Abweichendes vom rückschrittlichen „Fortschritt“
Mitten in der Coronakrise ist unser fünfter Band aus der Reihe „Hefte zur Förderung des Widerstands gegen den Technologischen Angriff“ fertig geworden. Ihr könnt ihn hier oder bei capulcu.blackblogs.org herunterladen, bei capulcu als gedrucktes Heft bestellen oder bald in eurem Infoladen bekommen.
Die derzeitige Coronakrise macht ein Abweichen (engl.: diverge) von technokratisch vorgegebenen Pfaden nicht gerade leichter, aber umso notwendiger. Erschienen Ansätze der Verhaltensökonomie den meisten (zumindest hier in Deutschland) noch vergleichsweise subtil „zukünftig“, präsentieren sich derartige Methoden zum Bevölkerungsmanagement seit der Corona-Pandemie wie entfesselt.
Wir erleben einen modernen Rückschritt in paternalistische Verhaltenslenkungsmuster, die bereits vor 70 Jahren nicht „fortschrittlich“ waren. Ihren leider hochaktuellen Ausprägungen in der Gesundheits- und Klimakrise sowie ihren Wurzeln in der Kybernetik und dem eng verwandten Behaviorismus wollen wir in diesem Heft nachgehen (…)
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Die „freiwillige“ Corona-App
Die Bundesregierung setzt für eine schrittweise Rücknahme der Corona-Kontaktbeschränkungen auf eine breite Akzeptanz für die nach Ostern herunterladbare App zur nachträglichen Kontaktrekonstruktion Infizierter. Die (berechtigte) Angst vor dem Virus wird benutzt, um einem Großteil der Bevölkerung „freiwillig“ ein autoritär hochwirksames Werkzeug zu verabreichen.
Wir kritisieren in diesem Artikel die technische Konstruktion der App, aber auch ihre sozial-technokratischen Konsequenzen. Selbst wenn das Protokollieren von Kontakten vollständig pseudonym erfolgen würde, müssen wir dringend vor dieser App warnen. In dem Moment, wo (sogar anonyme) Verhaltensdaten flächendeckend anfallen, sind die prädiktiven Modelle, die damit trainiert werden, dazu in der Lage, ganze Populationen in Risikogruppen einzuteilen und algorithmisch zu verwalten. Hinzu kommt, dass ein simples Software-Update die App in ein wirksames Tool zur individuellen Zugangsbeschränkung verwandelt. Daher unser klares Nein zur Corona-App!
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Die Corona-Krise
Gewöhnung an das Regiertwerden im Ausnahmezustand
Der Ausnahmezustand ist das neue Normal. Die derzeitigen gesellschaftlichen Einschränkungen bis hin zu vollständig außer Kraft gesetzten Grund-, Bürger- und Menschenrechten, in der Absicht einer (unbestritten notwendigen) Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus überschlagen sich. Beinahe täglich werden weiter gehende Vorschläge diskutiert und per Allgemeinverfügung umgesetzt. Wir sind uns daher bewusst, dass unser heutiges Augenmerk (22.3.20) auf aktuell besonders weit greifende Maßnahmen in wenigen Wochen in ein neues Koordinatensystem von Akzeptanz bzw. Empörung einsortiert werden wird. Die Geschwindigkeit dieser Koordinatenneusetzung könnte ein geeignetes Maß für die Transition vom Antiterror- zum epidemischen Ausnahmezustand sein. Darin erfährt der „Gefährder“ eine qualitative Neuinterpretation.
Sicherheitswarnung MAC-Changer
Wir richten uns an Euch mit einem Appell zur Vorsicht. In der von uns publizierten Broschüre zum Linux-Live-System „Tails“ empfehlen wir die Benutzung der sog. „MAC Randomisierung“. Die Randomisierung ersetzt bei euren Netzwerkadaptern die eincodierte und eindeutige MAC Adresse durch einen Zufallswert. Dadurch soll verhindert werden, dass anhand der MAC Adresse eure Gerät wiedererkannt werden kann.
In letzter Zeit sind wir über einige Papiere gestolpert:
Why MAC Address Randomization is not Enough: An Analysis of Wi-Fi Network Discovery Mechanisms
https://papers.mathyvanhoef.com/asiaccs2016.pdf
Defeating MAC Address Randomization Through Timing Attacks
https://hal.inria.fr/hal-01330476/document
A Study of MAC Address Randomization in Mobile Devices and When it Fails
https://content.sciendo.com/downloadpdf/journals/popets/2017/4/article-p365.xml
Know Thy Quality: Assessment of Device Detection by WiFi Signals
http://sig-iss.work/percomworkshops2019/papers/p639-rutermann.pdf
Alle behandeln das Thema MAC Randomisierung (insb. von WIFI-Adaptern) unter dem Aspekt, ob nicht doch die eigentliche MAC Adresse „rauskitzelbar“ ist oder es andere Wege gibt, die Wiedererkennbarkeit eures Geräts zu ermöglichen. Ohne auf Details eingehen zu wollen: Die Bilanz sieht für diejenigen, die Wert auf ihre Anonymität legen, nicht gut aus.
Das Thema ist vielschichtig und wir haben uns rangesetzt, um genauer hinzusehen. Die Recherche wird etwas dauern, bis dahin empfehlen wir:
- Baut den WIFI Adapter aus eurem Tails-Laptop aus.
- Verwendet (billige) USB-WIFI Sticks und *entsorgt sie nach Gebrauch*.
- Verwendet nach wie vor die MAC Randomisierung, auch wenn sie ihr Versprechen (vielleicht) nicht halten kann, fügt sie eine weitere Ebene der Verschleierung ein.
- Verwendet weiterhin Tor und Tails, um zumindest auf der Ebene eine Anonymität aufrecht zu erhalten.
capulcu, September 2019
Unsere Verweigerung, am digitalen Dauersenden teilzunehmen und unsere Bemühungen um Selbstverteidigung gegen den digitalen Zugriff (Band I) sind unzureichend bei dem Versuch, uns langfristig der vollständigen Überwachung und Fremdbestimmung zu entziehen.
DISCONNECT! führt aus, warum ein Gegenangriff auf die Praxis und die Ideologie der totalen Erfassung, Bewertung und Lenkung dringend notwendig ist. Der Anpassungsdruck des Menschen an die Maschine wirkt bereits jetzt – weit vor einer vollständigen Vernetzung aller mit allem (Band II).
DISRUPT! beschreibt die Versuche, das menschliche Dasein den Anforderungen einer reduktionistischen künstlichen Intelligenz zu unterwerfen. Das redaktionskollektiv çapulcu dechiffriert diese – oft unhinterfragte – Entwicklung als Angriff auf unsere Autonomie und analysiert seine entsolidarisierende Wirkung. Denn Technologie ist nie neutral, sondern immanent politisch. Die Autor*innen plädieren für die Wiederbelebung einer praktischen Technologiekritik zwischen Verweigerung und widerständiger Aneignung spezifischer Techniken (Band III).
DELETE! untersucht die aktuelle Transformation des Kapitalismus – und damit auch der Machtverhältnisse – durch den ›technologischen Angriff‹. Der Einfluss der Tech-Giganten auf die Ökonomisierung der entlegensten Lebensbereiche nimmt stetig zu, während klassische politische Institutionen an Bedeutung verlieren. Soziale Punktesysteme verlängern mit ihrem permanenten ›Rating‹ und ›Scoring‹ die Reichweite der lenkenden Disziplinierung weit über die direkte Ausbeutung im Arbeitsverhältnis hinaus. Mit welchen Methoden und Zukunftsvisionen überformen Unternehmen wie Facebook, Google, Amazon & Co. unsere Kommunikation und unser Denken? Wie verändern sich angesichts einer zunehmend digitalisierten Fremdbestimmung die Bedingungen für Autonomie und soziale Revolte? Und wie lässt sich die beabsichtigte Vereinzelung und Entsolidarisierung bekämpfen? (Band IV)